Produkt- und Programmanalysen

Um Marketingstrategien bzw. Marketing-Mix-Maßnahmen entwickeln bzw. ableiten zu können, erfordert es den Einsatz unterschiedlicher Analyseinstrumente. Die Analyseinstrumente helfen, die angebotenen Objekte bzw. Unternehmensleistungen zu untersuchen und konkrete Handlungsmaßnahmen bzw. strategische Aussagen für die Ressourcensteuerung, Rationalisierungsmaßnahmen, Produktivitätssteigerungen und zukünftige Produktentwicklungen bzw. -erweiterungen etc. zu treffen. Dabei erfolgt die Untersuchung der angebotenen Objekte bzw. Unternehmensleistungen durch die Analyseinstrumente nach Einsatzzweck und Bedarf. Die Analyseinstrumente die hier vorgestellt werden, beschränkten sich hier vorwiegend auf die Untersuchung von Produkten, Produktprogrammen und den dazu gehörigen relevanten Märkten Wettbewerb bzw. Kunden. Daher werden in erster Linie Produkt- und Programmanalysen eingesetzt.

Aus den Produkt- und Programmanalysen können als Handlungsmaßnahmen die Einführung, die Bereinigung oder ggf. die Variation bestehender und künftiger Produkte bzw. Produktprogramme geschlussfolgert werden. Als gängigste Produkt- bzw. Programmanalysen werden hier folgende Analysen vorgestellt:

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Programmstrukturanalyse

Programmstrukturanalysen dienen dazu, Objekte (Produkte, Produktgruppen, Kunden etc.) innerhalb eines Geschäftsbereiches nach ihren Bezugskennzahlen (Umsatz, Absatzmenge, Restlebensalter etc.) auf Risiken und Potenziale zu untersuchen. Ziel dieser Analyse ist es, die potenziell erfolgreichen bzw. erfolglosen Objekte zu erkennen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen von den erfolgloseren auf die erfolgreicheren Objekte hinzuführen, damit letztendlich finanziell starke und ausgeglichene Geschäftsbereiche erschlossen werden. Die Programmstrukturanalysen finden insbesondere bei umfangreichen oder unübersichtlichen Produktprogrammen Anwendung.

Je nach Untersuchungs- / Darstellungsform bzw. Anwendungsfall werden die Programmstrukturanalysen anhand verschiedener Bezugskennzahlen und Objekte zwischen den Umsatz-, Deckungsbeitrags-, Kunden-, Altersstruktur– und Kennlinieanalysen differenziert. Diese Analysen selbst werden nach ihrem Einsatz in strategische und operative Analyseverfahren eingeteilt.

Beim Strategischen Analyseverfahren werden Umsatz-, Kunden-, Altersstruktur- und Ergebniskennlinieanalysen für langfristige Programmänderungen eingesetzt, um bspw. deren Wachstumschancen und Risiken abzuschätzen.

Im Unterschied dazu findet das Operative Analyseverfahren, die sog. Erfolgsstrukturanalysen, wie die Deckungsbeitragsstrukturanalyse und Gewinnstrukturanalyse, eher bei kurzfristigen Programmänderungen Anwendung.

Die Umsatz-, Deckungsbeitrags- und Kundenstrukturanalysen können in Form einer ABC-Analyse dargestellt werden. Somit sind diese Analysen in ihrer Darstellungs- und Untersuchungsform identisch, unterscheiden sich lediglich bei ihrer Untersuchung durch die verschiedenen Bezugskennzahlen (Umsatz, Deckungsbeitrag, Absatzmenge, etc.) und Untersuchungsbereiche, wie Produkte, Produktgruppen, Kunden, etc.

Im Gegensatz zu den .o g. ABC-Analysen unterscheidet sich die Altersstrukturanalyse und Ergebniskennlinieanalyse in ihrer Anwendung, Darstellungsform und Untersuchung. Die Altersstrukturanalyse bzw. Altersquerschnittanalyse unterscheidet sich von ABC-Analyse hauptsächlich in der Risikobeurteilung des Produktprogramms hinsichtlich ihrer Wertverteilung (z.B. Umsatz, Gewinn) der einzelnen Produkte in Hinblick auf ihre Lebenserwartung. Die Ergebniskennlinieanalyse untersucht dabei das Potenzial der Produkte im Programm, anhand der kombinierten Betrachtung der Untersuchungsgrößen; Rendite, Umsatz, Gewinn.

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Portfolio-Analysen

Die Methodik des Portfolios geht ursprünglich auf Harry M. Markowitz (1959) zurück und stammt aus dem Finanzwesen. Sie wurde ursprünglich zur Verwaltung der Wertpapierdepots angewandt, wo unterschiedliche Vermögenswerte miteinander derart kombiniert wurden, dass bei gegebenem Risikoeinsatz des Kapitals (Portefeuille) ein angemessener Renditesatz erzielt werden konnte.

Innerhalb des strategischen Marketings kommen die Portfolio-Analysen i. d. R. zur Beurteilung bezüglich des gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungspotenzials des Unternehmens (Unternehmensdimension) und der Marktentwicklungen (Markt-/ Umweltdimension) zum Einsatz.

Mithilfe des Portfolios sollen die einzelnen (Produkte, Produktgruppen, Kunden etc.) bzw. Leistungen (Technologien etc.) zunächst positioniert werden, um aus deren Ist­zuständen auf Schwächen bzw. Stärken rückschließen und daraus die Chancen und Risiken ableiten zu können.

Die Positionierung des zu untersuchenden Objektes bzw. der Leistung wird aus der Gegenüberstellung der beiden Dimensionen Umwelt und Unternehmen erreicht. Alternativ können zur Untersuchung nur die Unternehmensdimensionen betrachtet werden. Daraus ergibt sich eine Matrix mit unterschiedlichen Handlungsfeldern, aus denen sich Handlungsmaßnahmen (Normstrategien) ableiten lassen. Dabei betrachtet die Unternehmensdimension die unternehmensbezogene Sicht des Unternehmens, die bspw. aus den Größen Marktanteil und relativer Wettbewerbsvorteil etc. bestehen können. Für das Unternehmen besteht die Möglichkeit, auf diese Größen direkten Einfluss zu nehmen. Die Umweltdimension, die die marktbezogene Unternehmenssicht berücksichtigt, wird bspw. von den Größen Marktwachstum oder Lebenszyklusstatus etc. bestimmt; hier hat das Unternehmen meistens keine direkten Einflussmöglichkeiten.

Das Ziel der Portfolio-Analyse ist es, das optimale Portfolio zu bestimmen, indem sie eine ausgewogene Struktur aller Geschäftsfelder schafft, damit langfristiges Unternehmenswachstum durch erwirtschaftete Überschüsse geschaffen wird.

Es gibt eine Vielzahl von Portfolio-Analysemodellen. Die gängigsten unter ihnen sind die ADL-, BCG- und die McKinsey-Matrix, die Unternehmens- und Umweltsicht berücksichtigen. Das Drucker-Portfolio differenziert sich insoweit, dass hier nur die Unternehmenssicht betrachtet wird, ähnlich wie bei den Programmstrukturanalysen.

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Lebenszyklusanalyse

Der Lebenszyklus beschreibt die verschiedenen Zyklen bzw. Phasen einzelner Produkte, alternativ auch von Produktgruppen, Märkten oder Technologien, von deren Entstehung bis zu ihrem Lebensende. Der Nutzen einer Produktlebenszyklusanalyse liegt in der Ermittlung der Phase, in der sich das Produkt befindet, um daraus operative und strategische Maßnahmen bezüglich der Produktentwicklung, neuer Investitionen, des Restlebensalters sowie der Einführung neuer Produkte zu treffen.

Idealtypisch steigen die Umsätze des Produktes zunächst und sinken nach einem Höhepunkt ab, was letztlich zu seinem Auslaufen führen kann. Dabei kann die absolute Lebensdauer eines Produktes Monate, Jahre oder Jahrzehnte betragen. Ohne die vorausgehende Entwicklungsphase gibt es innerhalb der Produktlebenszeit üblicherweise fünf Phasen (Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung und Verfall).

Das Lebenszyklusmodell stellt als Untersuchungskomponente in der ADL- und BCG-Matrix sowie in der Altersstrukturanalyse die Basis dar.

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Positionierungsanalyse

Die Positionierung dient der Darstellung der subjektiven Wahrnehmung des Kunden von Objekten und Leistungen. Die zu analysierenden Objekte und Leistungen werden in einem zwei- oder mehrdimensionalen Modell (Wahrnehmungsraum) positioniert. Aus Vereinfachungs- und Übersichtlichkeitsgründen findet üblicherweise die zweidimensionale Darstellung Anwendung.

Das Ziel einer Positionierungsanalyse ist es, vorhandene Marktlücken bzw. -chancen zu erkennen und das Leistungsangebot den gegenwärtigen und künftigen Bedürfnissen sowie den erwarteten Ansprüchen des Kunden besser anzupassen.

Hierzu bietet die Positionierung unter anderem die Möglichkeit, das unternehmensbezogene Leistungsangebot anhand der vom Kunden wahrgenommenen Objektmerkmale (bspw. Preis, Qualität etc.) von den Wettbewerbsangeboten individuell so abzugrenzen (positionieren), dass ein komparativer Konkurrenzvorteil (KKV) bzw. Alleinstellungsmerkmal durch den Einsatz verschiedener Marketing-Mix-Instrumente geschaffen wird. Der KKV beschreibt den Leistungsvorsprung des unternehmensbezogenen Leistungsangebots gegenüber dem des Wettbewerbs. Die Ergebnisse der Positionierung werden mithilfe von Positionierungsmodellen abgebildet.

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Übersicht der Analysetools / Auswahlhilfe

Zur Auswahl der Analysetools können folgende Entscheidungskriterien betrachtet werden:

Einsatzbereiche, Schwächen und Stärken

Grundsätzlich kann zwischen Produkt- und Programmanalysen hinsichtlich ihres Einsatzes differenziert werden.

Die Produkt-Markt-Analysen dienen in erster Linie zur Untersuchung von (einzelnen) Produkten zumeist mit Wettbewerbs- bzw. Marktzahlen (Unternehmensdimension). Zur Untersuchung der Programmbreite bzw. -tiefe sind sie beschränkt nutzbar und ihr Einsatz ist daher sinngemäß zu prüfen. Mit den Programmanalysen wird in erster Linie das Produktprogramm (Programmbreite bzw. -tiefe), sowohl als auch die einzelnen Produkte im Bezug bzw. im Verhältnis zum Produktprogramm untersucht. Dadurch kann beim Einsatz von Programmanalyse keine direkte bzw. unabhängige Aussage zum einzelnen Produkt getroffen werden und ist für die Untersuchung der einzelnen Produkte eingeschränkt nützlich. Daher ist ein kombinierter Einsatz der Produkt- und Programmanalysen empfehlenswert.

Empfohlene Analysen:

Analysen für die Programmtiefe/ -breite:

Analysen für die Programmtiefe/ -breite:

  • ABC-Analyse
  • Altersstrukturanalyse (eingeschränkt nutzbar: Restlebensalterermittlung für die Programmbreite ggf. nicht sinnvoll)
  • Drucker-Portfolio
  • McKinsey-Matrix
  • Kennlinienanalyse
  • ggf. Positionierungsanalyse (zu kompletten Portfolio-Untersuchung zu aufwendig!)
  • BCG-Matrix (eingeschränkt nutzbar: Normstrategie hier nicht ableitbar)
  • Wachstumsmatrix (erfordert zusätzlich Marktdaten)

Produktanalysen

Produktanalysen:

  • Produkt-Positionierungsanalyse
  • Lebenszyklusanalyse
  • ADL-Matrix
  • BCG-Matrix

Um die Aussagekraft der Produktanalysen zu erhöhen, können die Ergebnisse (Positionierung des zu untersuchenden Produktes im Produktprogramm) aus den Programmanalysen hinzugenommen werden.

Produkt- & Marktanalysen

Produkt- & Marktanalysen (vergleichend):

  • Produkt- vers. Markt- Positionierungsanalyse
  • Produkt- vers. Markt- ABC-Analyse
  • Produkt- vers. Markt- Wachstumsmatrix
  • Produkt- vers. Markt- McKinsey-Matrix
  • Produkt- vers. Markt- BCG-Matrix
  • Produkt- vers. Markt- Lebenszyklusanalyse (eingeschränkt)
  • Produkt- vers. Markt- Ergebniskennlinie-Analyse (eingeschränkt)

Wettbewerbsanalysen

  • Positionierungsanalyse
  • Lebenszyklusanalyse
  • ADL-Matrix
  • McKinsey-Matrix
  • BCG-Matrix

Kunden-/ Branchenanalysen (Zielgruppenanalysen)

 

Kunden-/ Branchenanalysen (Zielgruppenanalyse):

  • ABC-Kundenstrukturanalyse
  • BCG-Matrix
  • Drucker-Portfolio
  • McKinsey-Matrix
  • Kennlinienanalyse
  • Kunden-Positionierungsanalyse
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